Seit 2013 ist es gesetzlich vorgeschrieben, die psychischen
Belastungen am Arbeitsplatz zu evaluieren. Aber wer muss das wirklich machen? Und wie oft? Wer kann das durchführen und ist ausgebildet dafür? Und muss ich das jetzt echt machen, wenn ich eh nur 1 MitarbeiterIn hab??
Ich habe mich diesbezüglich weitergebildet und möchte euch ermutigen, das Thema in eure Firmen zu tragen, sollte es dort nicht schon längst angekommen sein!
Was ist neu?
Die psychische Gesundheit wurde explizit dazu genommen zur Arbeitssicherheit. Prävention wurde als sehr wichtig erkannt und Gefahren sollen frühzeitig wahrgenommen werden. Die Rolle von Arbeitspsychologen wurde zusätzlich zu Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinern als wichtig erkannt und ausdrücklich betont! Weiters wird klargestellt, dass Gesundheit mehr ist als nur körperliche Gesundheit!
Was sind arbeitsbedingte psychische Belastungen?
… alle Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken.
Das bedeutet, psychische Belastungen sind Bestandteil eines jeden Arbeitsprozesses. Aber nicht alle arbeitsbedingten psychischen Belastungen müssen zu Fehlbeanspruchungen führen. Diese entstehen dann, wenn die arbeitsbedingten psychischen Belastungen in ihrer Ausprägung mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei den Beschäftigten führen.
Beispiele dafür sind häufige Unterbrechungen durch Mängel in der Arbeitsorganisation, fehlende Qualifikation bzw. Erfahrung, mangelhafte soziale Unterstützung und Anerkennung durch Vorgesetzte bzw. KollegInnen, Arbeitszeiten mit zu wenig Planungsmöglichkeiten, monotone Tätigkeiten, zu geringe Abwechslung, widersprüchliche Ziele und Anforderungen.
Was müssen Betriebe tun?
Arbeitgeber müssen ab dem 1. Mitarbeiter beeinträchtigende Arbeitsbedingungen erkennen und diese durch entsprechende Maßnahmen gezielt verbessern.
Wie können Betriebe das tun?
Indem sie eine Arbeitsplatzevaluierung durchführen (lassen), das heißt eine Ermittlung und Beurteilung der Gefahren und Festlegung der Maßnahmen veranlassen.
Ein wesentliches Ziel der Arbeitsplatzevaluierung ist die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Es geht NICHT um die einzelne Person, sondern um den einzelnen Arbeitsplatz/um Abläufe und Prozesse. Es werden die Verhältnisse am Arbeitsplatz evaluiert, nicht das Individuum.
Dabei wird auf 4 grundlegende Themengebiete eingegangen:
- Belastungen durch Arbeitsaufgaben und Tätigkeiten, z.B. hohe körperliche und/oder geistige Belastung, hohe emotionale Belastung wie etwa häufiger Umgang mit unzufriedenen KundInnen, Über- oder Unterforderung durch die Aufgaben
- Belastungen durch das Organisationsklima, z.B. mangelnde Unterstützung durch Führungskraft und/oder KollegInnen, Benachteiligung / Nicht-Einbeziehung bestimmter Personengruppen, Informations- und Kommunikationsmängel, ungenügender Handlungsspielraum
- Belastungen durch die Arbeitsumgebung, z.B. ungünstige Beleuchtung, Lärm, ungünstiges Umgebungsklima, Platzmangel, mangelhafte Arbeitsplatzausstattung und Arbeitsmittel, benutzungsunfreundliche Software
- Belastungen durch die Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisation, z.B. Doppelarbeit, unklare oder widersprüchliche Ziele, Zuständigkeiten und Rollenkonflikte, häufige Unterbrechungen, belastende Arbeitszeitgestaltung, keine Pausen, fehlende Information/Unterweisung
Wie läuft eine Evaluierung ab?
Das wird in jedem Betrieb anders sein, weil es von der Größe und Struktur des Unternehmens abhängt. Auf jeden Fall wird also ein individuelles Konzept nötig sein, in dem festgestellt wird, um welche Tätigkeitsgruppen es sich handelt, um bisherige Erfahrungen und Projekte zu erfassen, Dokumente zu analysieren, die Methode der Erhebung festzulegen und einen Ablauf- und Zeitplan mitsamt der zu planenden Kosten zu besprechen.
Nach Auftragserteilung wird eine Steuerungsgruppe festgelegt, die den Prozess plant, Ansprechpartner in den Abteilungen bekannt gibt, die Mitarbeiter entsprechend informiert, die Methode erklärt und nach der Evaluierung auf die Umsetzung der Maßnahmen achtet.
Die Methode wird je nach Betrieb unterschiedlich sein:
entweder in Workshops, Beobachtungsinterviews oder mittels Fragebogen.
Besonders wichtig ist es nach der Evaluierung die sich herauskristallisierenden Maßnahmen mit der Geschäftsleitung zu besprechen und für eine Umsetzung zu sorgen, da die Akzeptanz der Mitarbeiter für solche Evaluierungsprozesse sonst sinkt.
Wie oft ist zu evaluieren? §4 (5)
1. Nach Unfällen
2. Bei Auftreten von Erkrankungen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass sie arbeitsbedingt sind (nach jedem Burnout)
3. Nach Zwischenfällen mit erhöhter arbeitsbedingter psychischer Fehlbeanspruchung (zu viele Kundenkontakte,
Banküberfall,…)
4. Bei Einführung neuer Arbeitsmittel, Arbeitsstoffe oder Arbeitsverfahren
5. Auf begründetes Verlangen des Arbeitsinspektorates
Solltest du also das Gefühl haben, in deiner Firma wäre so eine Evaluierung dringend nötig, freue ich mich über eine Kontaktaufnahme!
Herzlichst, deine Cornelia Pessenlehner
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